Der
Tag des Rennens begann wie gewohnt mit der Anfahrt nach Ruhpolding zum
Start des Chiemgau 100 in der Chiemgau Arena. Und doch war es anders,
als bei den bisherigen Rennen. Denn beim Betreten des Biathlonzentrums,
wo sich im Winter die Elite auf Skiern misst, verspürt man die Energie
und Euphorie, die von so einem besonderen Ort ausgehen!
Genau hier stand
der Start- und Zielbogen und erwarte die Trailrunner. Man konnte zu
Beginn wählen, ob man 75 km oder 100 km oder eben die Königsdisziplin mit 100
Meilen in Angriff nimmt. Für Letztere habe ich mich entschieden und
musste mir noch überlegen, zu welchem Zeitpunkt ich starte. Der
Startmodus beim Chiemgau 100 Meilen Rennen unterscheidet sich vom sonst
üblichen Massenstart. Je nach eigener Einschätzung, startet der Läufer
zwischen 14 und 19:00 Uhr, um nach der ersten Runde über 85 km das
Stadion im Zeitfenster von 4:30 bis 9:30 Uhr zu durchlaufen. Der
Veranstalter Giselher Schneider (kurz: Gi) hat diesen Modus
ausgetüftelt, um die Zielankünfte der einzelnen Starter zu
konzentrieren. Gemeinsam mit Mike P. aus den USA stand ich dann um 19:00
Uhr am Start und wir liefen, ahnungslos was uns erwartet, in die
Dämmerung.
Streckenverlauf des Chiemgau 100 |
Nach einem kurzen Ratsch mit Mike auf dem ersten Flachstück
versuchte ich, mein eigenes Tempo zu finden. Es fühlte sich schon zu
Beginn ganz gut an, allein in der Nacht zu laufen. Die Strecke zwischen
den ersten beiden Labe-Stationen war schon mit coolen Trails bestückt
und lud zum Laufen förmlich ein. Der folgende Anstieg zur Kohleralm war
dann der Formtest, wie sich die Haxerl bergauf anfühlen. Es lief ganz
gut und ich konnte kurz vor der Alm, den ersten bzw. letzten Läufer des
Feldes überholen. Das bedeutete, dass mein Tempo gar nicht so schlecht
war. Auf dem Weiterweg zur Chiemgau-Arena, welche das Zwischenziel nach
der ersten Runde darstellte, konnte ich noch einige Läufer einholen.
Diese Euphorie verflog aber kurz vorm Biathlonzentrum, als es wirklich
aus Eimern goss. Zum Jammern lief's allerdings einfach zu gut und ich
tauschte die Stirnlampe gegen Stöcke ein, stopfte mich mit Unmengen an
Gummibärchen voll und lief in die zweite Schleife. Mit der Hörndlwand
und dem Hochfelln begann jetzt der bergigere Teil auf den 100 Meilen!
Das Wetter beruhigte sich zwischenzeitlich und ich konnte trocken die
Hörndlwand mit dessen technisch schwierigem Abstieg abhaken. Kurz danach
gelang es mir dann die erste Position des gesamten Feldes zu erlaufen.
Das bedeutete, dass ich auf Platz 3 zu diesem Zeitpunkt einen
zweistündigen Vorsprung hatte. Am letzten Berg, dem Hochfelln begann es
nochmal ordentlich zu regnen und damit alle Arten von Schlechtwetter an
diesem Tag vorherrschten, trieb ein Gewitter rund ums Chiemgau sein
Unwesen. Der Gipfel war komplett in Wolken gepackt - leider kein Panorama
heute. In der Hütte erwartete mich schon die Mannschaft der
Verpflegungsstation. Die wussten sofort, was der Läufer braucht: Cola,
Kuchen, Brezen - es fehlte wirklich an nichts! Gut gestärkt machte ich
mich auf den Abstieg. Dieser zeigte noch einmal ordentlich die Zähne,
was technische Passagen angeht. Es hieß konzentriert bleiben und kein
Risiko eingehen, denn ich hatte wohl genügend Vorsprung. Als die letzte
Labe erreicht war, wusste ich, dass mich nur noch 10 Kilometer welliges
Gelände vom Ziel trennen. Zu dieser Zeit war die Konzentration völlig
dahin, und ich hatte nichts anderes mehr im Kopf, als frisch gezapftes
Weißbier. Das war zu diesem Zeitpunkt der wesentliche Unterschied zu den
Biathleten, die sonst völlig fokussiert in das Stadion einlaufen!
Flo Probst auf dem Podest |
Als
erster Läufer in einer Zeit von 22:48 Stunden überquerte ich nach 100
Meilen die Ziellinie und war überwältigt von den vielen einmaligen
Eindrücken der vergangenen Stunden: Viele hilfsbereite Streckenposten,
schmale Trails, knifflige Abschnitte und eine schnelle,
abwechslungsreiche Strecken!
Wie
jeder Ultratrail hat der Chiemgau 100 seine ganz eigene Charakteristik.
Was ihn aber deutlich von allen anderen unterscheidet, ist die
Handschrift von Gi (Giselher Schneider), dem Veranstalter und seinen
Helfern. Jedes Detail, vom Pokal über die butterweichen Trails bis hin
zum Startmodus ist bis ins letzte ausgefeilt.
Bei den Jungs von denk-outdoor.de
möchte ich mich für Ihre Unterstützung bedanken. Deren Material, wie
Faltstöcke und Stirnlampe hielten dem harten Einsatz bei widrigsten
Bedingungen locker stand.