Montag, 25. Mai 2020

Equipment für einen Ultratrail

ein Erfahrungsbericht von Florian Probst

Der bekannte Spruch so viel wie nötig und so wenig wie möglich trifft es beim Laufen wohl am ehesten auf den Kopf. Es gibt unzählige Gegenstände, die von Magazinen und Blogs angepriesen werden, unabdingbar im Gepäck eines Trailrunners zu sein. Jeder Gebrauchsgegenstand, von der Jacke bis zum Stock, sollte bei aller Funktion auch noch leicht und gut zu verpacken sein. Die Leichtigkeit und Einfachheit des Laufens steht selbst auf den langen Ultratrails (100-160 km), die über mehrere Tage und Nächte gehen, im Vordergrund.

Die folgende Packliste hat sich bei meinen Ultratrails in den Alpen durchaus bewährt und kann nach belieben an andere Streckenprofile angepasst werden.
Flache Ultratrails, wie beispielsweise der Innsbruck Alpine Trailrun erfordern nicht zwangsläufig Stöcke. Die 3500 Höhenmeter fallen auf die Distanz von 85 Kilometern eher leichter aus, als es die Zahlen vermuten lassen. Spikes dagegen waren im letzten Veranstaltungsjahr Vorschrift, da die Strecke noch ziemlich viele Schneefelder aufwies.




Aber jetzt zum Material, das man in den Laufrucksack packt:


Der Laufrucksack gilt als Herzstück deiner Ausrüstung. Dieser sollte eng anliegen, nicht zu groß im Fassungsvermögen und praktisch in der Handhabung sein. Du solltest den Großteil der Fächer erreichen, ohne den Rucksack ablegen zu müssen. Die Taschen am Rücken sollten euer gesamtes Equipment fassen. In den vorderen Taschen findet vorzugsweise Proviant, wie Riegel und Gels, Platz. Diese sollten ebenfalls simpel in der Handhabung sein und eine einhändige Bedienung erlauben. Neben der Brotzeit sollten die Vorrichtungen für die Softflasks angeordnet sein.
Softflasks sind Faltflaschen mit jeweils - idealerweise - 500ml Fassungsvermögen. Du musst in der Regel drei davon mitführen. Eine davon kannst du leer in den Rucksack packen. Es gibt die Trinkflaschen mit großen und kleinen Öffnungen. Für was du dich entscheidest, ist Geschmackssache. Du solltest aber bedenken, wenn du eine davon mit einer großen Öffnung mitführst, kannst du dir den Trinkbecher, der ebenfalls auf der Liste der Pflichtausrüstung steht, sparen ;-). Ich persönlich verwende Rucksäcke mit 8-12 Liter für die 160 Kilometer. Bei den kürzeren Trailläufen, wie dem Stubai Ultratrail beispielsweise,  kannst du locker auf einen 5-Liter-Rucksack zurückgreifen. Ziel ist es stets, das Equipment unter zubringen und ein Wippen oder Scheuern zu vermeiden. Noch was: kleine Gefriertüten oder Ziploc-Beutel und Gummiringerl schützen vor Nässe und lassen eine gewisse Ordnung zu.

Die Trailrunningschuhe beim Ultratrail spielen eine große Rolle. Allerdings hängt die Wahl der Schuhe wirklich von eurem Geschmack ab. Wenn Topläufer mit Schuhen von Salomon, Hoka und Adidas unterwegs sind, liegt das meist nicht daran, dass es sich um das beste Material handelt, sondern eher um einen schwergewichtigen Sponsorenvertrag. Du bist mit deinen Schlappen Stunden in unwegsamen Gelände unterwegs. Schnee, Matsch, rutschige Felsen oder wurzlige Bergab-Passagen verlangen von dir und deinen Schuhen gute Traktion und vor allem Schutz. Daneben soll der Laufschuh natürlich noch geil aussehen, was ja bekanntlich das wichtigste ist :-) Was das Gewicht angeht, sollte der Schuh nicht allzu viel über 300 Gramm pro Stück auf die Waage bringen. Das denke, ist ein guter Richtwert. Was Dämpfung und Vortrieb angeht, solltest du abwägen, was dir persönlich am Wichtigsten ist. Viele der Topläufer verzichten auf Komfort, um den Abdruck beim Laufen nicht negativ zu beeinflussen. Aber das ist alles Geschmackssache. Bei der Dämpfung kann aber auch ein Zuviel bedeuten, dass der Schuh instabil im unwegsamen Gelände wird und so ein gewisses Risiko birgt. Was die Traktion der Schuhe betrifft, würde ich von zu ausgeprägten Stollen an der Fußsohle abraten. Grip ist natürlich wichtig, aber du bist Läufer und  legst vor allem Wert auf Vortrieb. Trailrunningschuhe besitzen in der Regel ausreichend Profil um in unwegsamen Gelände den Halt nicht zu verlieren.



Die Faltstöcke bei Ultratrails haben sich mehr als bewährt. Das Material der Wahl ist Carbon und die Länge sollte am Ellbogen abgemessen werden. Der Ellbogen steht beim Halten der Stöcke ungefähr im rechten Winkel. Während viele erfahrene Läufer die Stöcke lediglich beim Bergauf-Laufen verwenden, kommen sie bei mir auch beim Downhill zum Einsatz, um meine Gelenke bei der Talfahrt zu entlasten. Als wichtig empfinde ich die Leichtigkeit der Faltstöcke. Daher solltest du auf die Verstellmöglichkeit verzichten, denn du wirst die Stöcke stundenlang in den Händen halten. Da zählt wirklich jedes Gramm! Die Befestigung am Rucksack kann nach Lust und Laune vorgenommen werden. Ich empfehle, vor dem Ultratrail Stöcke und Rucksack bei einem Trainingslauf zu verwenden, um das Handling der Befestigung während des Laufens zu üben. Moosgummi-Griffe, die mehrere Griffpositionen zulassen, um den Stock etwas kürzer zu nehmen, helfen die fehlende Verstellmöglichkeit zu kompensieren. Du kannst diese dann auch nach Lust und Laune, ähnlich wie beim Skitourengehen, verwenden.

Jacke und Hose müssen wasserdicht sein, dabei wird in einigen Fällen sogar die Wassersäule vorgeschrieben. Es versteht sich von selbst, dass die Laufbekleidung dir passen sollen. Du kannst dir vor Auswahl der Größe überlegen, ob du die wasserdichte Jacke über oder unter dem Laufrucksack tragen willst. Ich selbst hab die Jacke so gewählt, dass ich diese auch über dem Rucksack tragen kann. Das hat den Vorteil, dass der Rucksack weniger Nässe abbekommt und ich sie während des Laufens an- und ausziehen kann. Die meisten Veranstalter schreiben im Ernstfall bei Schlechtwetter vor, dass keine Haut sichtbar sein darf. Daher ist auf eine Kapuze zu achten. Taschen sollte die Jacke eher wenige haben, da diese bei Tragen des Rucksacks keinen Nutzen haben und bei längeren Bergab-Passagen kann es zu Scheuerstellen führen. Warum brauche ich eine Regenhose – die trage ich sonst auch nie? Das hab ich mich auch immer gefragt. Allerdings führen die Ultratrails oft über Gipfel und Pässe über 3500 Meter Meereshöhe und das ganze bei Nacht. Damit man da selbst bei Wind, Schnee und Graupel nicht den Spaß verliert oder sich gar Erfrierungen holt, benötigt ihr eine Regenhose. Um zusätzlich die Isolation zu verbessern, könnt ihr auf Beinlinge zurückgreifen. Prüfe am Tag vor dem Start noch einmal den Wetterbericht für die Region in der du unterwegs bist (achtet auch auf die Temperaturen bei Nacht und in der Höhe!).

Spikes benötigt ihr bei Rennen wie dem Pitz Alpine Glacier Trail. Wie der Name schon verrät, geht es über eine Gletscherpassage und die Spikes geben einem den nötigen Halt. Die Spikes von Snowline Chainsen habe ich seit sechs Jahren und sie zeigen trotz mehrmaligem Gebrauch in Training und Rennen nur geringe Gebrauchsspuren auf. Freiwillig würde ich die Schneeketten mit ihrem Gewicht nicht unbedingt in den Rucksack packen, aber sie werden bei immer mehr Rennen Teil der Pflichtausrüstung, da sie bei widrigen Bedingungen ordentlich Traktion und Sicherheit gewährleisten.

Schlauchtücher und Handschuhe sind ebenfalls nützlich,dienen dem Schutz vor Kälte und Nässe und sind auf jeder Pflichtausrüstung zu finden. Meine Lieblingshandschuhe sind extrem leicht und schützen daher nur bedingt vor eisigen Temperaturen. Als Alternative bei Schlechtwetterprognose verwende ich eher wärmere.



Stirnlampen muss man meist sogar zwei Stück mit Ersatzbatterie bei der üblichen Rucksackkontrolle vorzeigen. Nur wer die Pflichtausrüstung mit sich führt, wird vom Orga-Team in den Startblock weiter gewunken. Hier kannst du dich für eine leistungsstarke Kopflampe und eine Notvariante mit geringem Gewicht entscheiden. Die Ledlenser MH 10 sorgt schon seit Jahren zuverlässig für klare Sicht bei jedem Downhill. Allerdings habe ich ein zusätzliches Band hinzugepfrimelt, das direkt über dem Mittelscheitel liegt. Das würde ich euch auch empfehlen, damit die Lampe nicht nach unten wandert. Als Notlämpchen habe ich eine kleine Stirnlampe mit geringem Packmaß in den Rucksack gepackt. Hier zählt das geringe Gewicht und Packmaß. In seltenen Fällen muss man ein rotes Rücklicht mitführen. Dieses gibt's für wenige Euronen beim Fahrradhändler. Versuche hier nicht zu tricksen und beispielsweise die Ersatzbatterien einzusparen, sonst droht das Ende deines großen Traums, bevor der Startschuss fällt.

Erste Hilfe und Biwacksack führe ich immer mit, habe ich aber glücklicherweise noch nie benötigt. Trailrunning ist bei einer adäquaten körperlichen und logistischen Vorbereitung nicht gefährlicher als Bergwandern. Falls es doch einmal zu einer Notsituation kommen sollte, dürfen Verband, Rettungsdecke, Wundkompressen, Handschuhe, Biwaksack und Mobiltelefon nicht fehlen. Der Biwaksack von Ortovox begleitet mich bei langen Ultratrails. Ach ja, als Linsenträger habe ich immer noch ein Paar Linsen im Notgepäck.

Laufbekleidung, wie Shorts, T-Shirt und Longsleeves sollte auf jeden Fall leicht und angenehm zu tragen sein. Auffällige Farben dienen hier auch der Sicherheit und erleichtern im Notfall die Suche. Die Laufbekleidung hat sich in den letzten Jahren deutlich weiterentwickelt, was Passform und Bewegungsfreiheit angeht. Der Unterschied zu „normaler“ Outdoorbekleidung schlägt sich nicht nur im Gewicht nieder, sondern ist bei langer Tragedauer auch deutlich spürbar.

GPS und Laufuhren gibt es wahrscheinlich genau so viele wie Turnschuhe für's Trailrunning. Daher muss sich jeder überlegen, wie viel Geld er hier ausgeben will. Dabei bestimmt die wichtigste Funktion, die Batterielaufzeit den Preis. Von was ich definitiv abrate, ist das Tracking über das Mobiltelefon. Dieses brauchst du vor allem im Notfall oder bei Rennabbruch. Hier ist ein aufgeladener Akku überlebenswichtig. Ebenfalls unbrauchbar sind meiner Meinung nach große GPS-Geräte. Das Gewicht für Gerät und Ersatzbatterien sprengt jeden Rahmen beim Laufen. Wenn du nicht gleich 500 Euro für eine Uhr mit GPS-Funktion ausgeben wollt, besorge dir beim Veranstalter Kartenausschnitte von der Strecke. Das Streckenprofi findest du praktischerweise oft auf der Startnummer.

Die Verpflegung, die du für den Ultratrail in den Rucksack packst ist nicht so wichtig, wie vermutet. Die Labe-Stationen auf der Strecke bieten hoffentlich alles, nach was du dich zu jeder Tages- und Nachtzeit sehnst. Lediglich eine Notration an Riegel oder Gel sind Teil der Pflichtausrüstung. Wenn es die Möglichkeit gibt, Packsäcke im Vorfeld zu schnüren, die du auf der Strecke nutzen kannst, ist das wieder ein Thema für sich...

Was noch fehlt sind Gegenstände wie Sonnenbrille, Sonnencreme und Dinge, auf die du nicht verzichten kannst. Aber halte dich zurück, zu viel einzupacken. MP3-Player mit Oversize-Kopfhörer haben in den Bergen sowieso nichts zu suchen, weil du alle Sinne in der Natur nutzen solltest, um dich und andere zu schützen. Ärmlinge und Beinlinge setzen sich als Ersatz für lange Kleidung zunehmend durch, da sie Isolation unter der Regenschicht bieten und ein geringes Packmaß und Gewicht aufweisen.

Zum Schluss kannst du sehen, wie wichtig eine gute Vorbereitung beim Trailrunning über die Langdistanz ist. Wenn du dir beim Equipment unsicher bist, sprich die Jungs von denk-outdoor.de an, die beraten dich gerne was selbst die kleinsten Details angeht. Bedenke beim Kauf und beim Packen deines Materials, dass die Sicherheit an erster Stelle steht, aber danach sofort das Gewicht des Materials kommt. Bei der Auswahl deiner Ziele gibt es keine Grenzen. Du kannst Ultratrails in weit entfernten Ländern bestreiten, oder die Klassiker in den Alpen unter die Füße nehmen. Also, RAUS MIT DIR!

Euer Flo