ein Rennbericht von Florian Probst
67 Kilometer / 5356 Höhenmeter - Von Innsbruck über Umwege auf den Stubaier Gletscher
Zum vierten Male drückte ich den Button “Zahlungspflichtig anmelden” und konnte es ein halbes Jahr zuvor kaum erwarten. Viermal die gleiche Strecke laufen spricht nicht unbedingt für Lust auf Neues, aber es ist immer wieder reizvoll die Strecke von Innsbruck hinauf zur Jochdohle unter die Sohlen zu nehmen.
Start ist jedes Jahr um Punkt 24 Uhr in Innsbruck vor dem Landestheater. In diesem Jahr bekommen wir aber große Augen, als wir im Shuttle-Bus vor fuhren. Um den gesamten Startblock tummelten sich hunderte von Jugendliche, die ausgiebig die Corona-Lockerungen feierten. Die Stimmung war äußerst ausgelassen und die Läufer wurden lautstark bejubelt. Die Party war in vollem Gange, als der Startschuss fiel und wir in die Straßen zum Bergisel-Stadion entlassen wurden. Das Tempo war wieder mal brutal und auch beim vierten Start machte ich den selben Fehler wie die Male zuvor. Ich versuchte im vorderen Feld einen Platz zu finden, bevor es in die dunkle Sillschlucht ging. Die Hauptstadt des Berg- und Wintersports spuckt einen unterhalb der Skisprung-Schanze wahrhaftig in die Sillschlucht. Es folgt ein richtig geschmeidiger Trail oberhalb des reissenden Bachs. Enge Kurven, Wurzeln, Baumstämme und zahlreiche Brücken müssen bei flottem Tempo und flinken Schritten absolviert werden. Im Schein meiner LED Lenser Stirnlampe sieht man nur die paar Meter, die vor einem liegen und es bedarf äußerster Konzentration, nicht doch einmal vom Weg abzukommen.
Die erste Labe-Station wartet hinter der Stephansbrücke, die man auch mit dem Auto überquert, wenn man auf der Brenner-Bundesstraße gen Süden reist. Es folgt der Stollenweg nach Telfes, der ebenfalls nur im Schein der Hirabira abgespult wird. Ein kurzer Augenblick der Unachtsamkeit bei den engen Kurven führte dazu, dass ich mit dem Fuß umknickte. Da mir das schon des Öfteren passiert ist, versuchte ich weiterzulaufen und mich mit lautstarkem Gesang abzulenken. Da ich der letzte in der Gruppe war, fiel mein übler Gesang nicht sonderlich auf. Ich versuchte, trotz der Instabilität im Fuß, an der Gruppe dran zu bleiben, denn deren Tempo war wirklich schnell. Aber nach der nächsten Labe-Station musste ich die drei Jungs ziehen lassen, denn der Fuß zwickte doch etwas mehr beim Bergauf-Laufen.
Es folgte der Aufstieg zum Hohen Burgstall, der den ersten langen Anstieg des Rennens darstellte. Dabei führte die Strecke über die gut laufbaren Wege im Skigebiet Schlick 2000. Oben in den Felsen angekommen schlängelt sich der Weg hoch über dem Stubaital entlang des Hohen Burgstalls. Tief unten kann man die Lichter von Neustift im Stubaital erkennen, was mein nächstes Ziel der Reise war. Volle Konzentration fordert der Weg zur Starkenburger Hütte, sonst heißt es “Rumpel die Pumpel und weg war der Kumpel”! Nach der Hütte folgt der Downhill hinab ins Tal - immer noch bei Finsternis. Unten angekommen, wird erst einmal richtig Brotzeit gemacht. Riegel, Gel, Wassermelone und natürlich Flaschen auffüllen bis es wieder weitergeht.
Zehn Kilometer im Stubaital mit leichter Steigung liegen vor mir, bevor es auf der anderen Talseite erneut nach oben geht. Dieser Abschnitt wurde verändert, damit die Strecke nicht Jahr für Jahr dieselbe ist. Martin Hafenmair der Streckenchef lässt sich jedes Jahr aufs Neue kleine Varianten einfallen, damit auch die treuen Wiederholungstäter begeistert bleiben. Er ist mehrmals an der Strecke zu sehen, denn er will den Überblick über den gesamten Rennverlauf nicht aus den Augen verlieren. Mein nächstes Zwischenziel ist die Talstation Mutterbergalm, die das Ende des Stubaitals darstellt. Von hier geht es dann steiler weiter. Ich hatte im Stubaital einige Zeit und Plätze verloren und die wollte ich auf dem folgenden finalen Anstieg vorbei an der Dresdner Hütte wieder gut machen. Das funktionierte auch und ich konnte mit flottem Schritt den letzten Streckenabschnitt über Schnee in Angriff nehmen. Jawohl, und dann war es endlich so weit: als neunter konnte ich die Top-Ten halten und überquerte nach 9 Stunden und 54 Minuten die Ziellinie.
Der Stubai Ultratrail hat sich in den letzten Jahren zu einem Höhepunkt im Ultratrail-Kalender entwickelt. Die Strecke ist in dieser Klasse landschaftlich wirklich ein absolutes Highlight und daher unbedingt weiterzuempfehlen. Wer mit dem Trailrunning beginnt, oder eher zu den spritzigen Kurzdistanzlern gehört, kommt sicher bei den 8, 20 oder 32 Kilometern voll auf seine Kosten. Da das Ziel auf 3150 Metern Höhe liegt, fällt hier das körperlich belastende Bergablaufen viel geringer aus.
Also, falls jemand von euch überlegt, sich mit Startnummer ins Abenteuer Trailrunning zu stürzen, sollte sich genau hier anmelden. Vielen Dank an das Team von DENK-OUTDOOR.DE für eure Unterstützung!
Viele sportliche Grüße,
euer Florian