Von Flo Geldermann
„Tuuut,
tuuut! Mist keiner geht ran, langsam wird es knapp!“
Irgendwann
im Spätherbst hatte ich gehört, dass ZET einen großen Bruder zu
Veloc und Raptor raus bringen wollte. Wenig später hatte ich im
Internet erste Computerentwürfe gesehen und mich direkt entschlossen
mir die Schüssel blind zu bestellen.
Für
mich war klar, 360 Liter Volumen auf 268cm und scharfe Kanten, dass
hört sich endlich nach einem sportlichen Schiff für große und
schwere Leute an. Seit 2 Jahren trauerte ich den Kanten meines Bliss
Stick Mystic hinterher, aber leider war der mit meinem 1,95m und 105
kg absolut an der Grenze. Deshalb war ich als der Pure XL raus kam
auf Prijon umgestiegen doch die Fahreigenschaften des Pure waren
definitiv nicht mit denen des Mystic zu vergleichen.
Also
warten aufs Christkind
Aber
langsam wurde es knapp mit dem warten, immerhin wollten wir in zwei
Wochen zu einer kleinen Expedition nach Albanien aufbrechen und da
wollte ich das Boot auf jeden Fall mitnehmen...
„Sandra
Sebelin Firma denk.com guten Tag“
„Ach,
Hi Sandra, du bist es,sag mal, wann kommt denn jetzt endlich das
große Boote von ZET?“
Es
war bestimmt schon mein fünfter Anruf und langsam begann ich wohl zu
nerven.
Sandra
versicherte mir, dass die ersten ZET-Director diese Woche ankamen und
mir sofort einer zugestellt werde.
Knapp
eine Woche später rief mich mein Mitbewohner an: „ Hier liegt ein
Riesenpaket für dich. Ich glaube es ist dein Boot!“ Ich nahm mir
gleich auf der Arbeit frei und fuhr mit den neuen Boot nach Lippstadt
um es auf den Slalomkanal auszuprobieren. Seitdem habe ich den
Director 10 Wochen und somit 50-60 Paddeltage Wildwasser von Albanien
übers Piemont bis nach Norwegen getestet und eine sehr positive
Bilanz gezogen,
Als
erstes fällt einem beim Director wohl das kantige Design und die
gewaltige Größe ins Auge. Er ist das erste Wildwasser Boot, in
welches ich mich hinein gesetzt habe und die Fußstützen noch um ein
paar Positionen zu mir hin verstellen musste. Jedoch würde ich mir
einen etwas kleineren Lochabstand wünschen, um etwas filigraner
Einstellmöglichkeiten zu haben.
Die
Fußstütze selbst besteht aus einem verdreh sicheren PE-Körper und
ist mit Schaum gepolstert. Wahlweise sind auch Schaumblöcke als
Fußstützen erhältlich.
Der
zweite Blick dürfte auf die schlichte aber sehr funktionelle
Sitzanlage fallen, die zwar erst etwas unergonomisch anmutet, jedoch
sehr angenehm ist und guten Halt bietet. Die Schenkelstützen
bestehen quasi nur aus Schaum, welcher unter dem weit reingezogenem
Süllrand montiert ist. Sie bieten eine sehr direkte Kraftübertragung
auf die Hüfte und dämpfen seitliche Schläge gegen die Knie
hervorragend ab. Zudem ist der Director das erste Boot bei dem ich
die Beine im festgeratschten Zustand gleichzeitig in die Mitte nehmen
und wieder unter die Schenkelstützen bringen kann. Absolut
durchdacht ist ebenfalls, dass die Ratschen des Rückengurtes einfach
in den Schenkelstützen versenkt sind und das Ratschenband wieder im
Süllrand verschwindet.
All
dies ist wie die Kunstoffeinfassung der Schaumkeile aus einem Guss.
Dazu verwendet ZET den Kunststoff den die anderen Hersteller aus der
Sitzluke heraus schneiden. - Gratulation für die simplere so wie
geniale Konstruktion.
Ebenfalls
sehr gut gefällt mir die Rautenkonstruktion die das gesamte mittlere
Unterschiff versteift und den komfortablen Schaumsitz aufnimmt.
Dieser ist damit bestens mit der Bootshülle verbunden, dass er sich
beim auf die Kante gehen um keinen Millimeter verschiebt, ganz im
Gegenteil zu einigen anderen auf dem Markt befindlichen Ausführungen.
Zu
den Fahreigenschaften:
Entgegen
dessen, was man allein durch die gewaltige Größe des Director
vermuten könnte befindet man sich in einem sehr wendigen Boot mit
äußerst sportlichen Fahreigenschaften. Das Volumen von 360 Liter
lässt einen über die meisten kleineren Schwierigkeiten einfach
hinweggleiten. Die Länge gibt Zielstrebigkeit und Geschwindigkeit.
Am
meisten Spaß macht es, wenn man die Kiste etwas auf Speed hält,
denn dann beginnen die messerscharfen Kanten richtig Dynamik ins
Spiel zu bringen. Egal ob man über die Zungen eines Katarakt runter
schießt oder mit großer Geschwindigkeit ins Kehrwasser schneidet.
Die Kanten geben einem das Gefühl von Kontrolle. Jedoch sollte man
bei chaotischen Strömungsverhältnissen darauf achten seine Kante
nicht in irgendeinen Kehrströmung einzuhacken, da sonst ein starker
Steuerschlag oder gar ein Konter fällig wird.
Trotzdem
kann nicht die Rede von einer Stolperkante oder
Seitenwasseranfälligkeit sein.
Die
seitlichen (Bordwände) sind hoch genug gezogen, dass das
Seitenwasser nicht wie beim Pure von oben angreifen kann, trotzdem
ist genug Platz für die Ellbogen.
Mit
Schwung bombt die Schüssel auch durch größere Koffer ohne zum
kerzeln zu neigen.
Mit
etwas Übung lassen sich aber auch die etwas größeren Exemplare mit
einem Lateboof hervorragend plattbügeln. Auch über längere
Rückläufe brettert er mit Speed hinweg.
Allgemein
zum Thema „boofen“- Das Thema aller Themen in allen
Wildwasserberichten-
Der
in so vielen Testberichten lauthals gepriesene“Autoboof“ ist beim
Director wohl nicht verbaut. Was am lang gezogenen Unterschiff liegen
dürfte. Es hat mich ein wenig Übung gekostet, bis ich mich wieder
zu 100% auf jeden Boofschlag verlassen konnte. Und auch hierbei lag
der Schlüssel in der Geschwindigkeit.
Man
muss einfach nur leicht auf die Kante gehen und das lange Heck mit
über die Abrisskante nehmen, bevor ein Abkippen einsetzt, so ist es
auch mit Leichtigkeit möglich die Kiste zu überboofen. Dies sollte
man sich jedoch genauer überlegen, da das riesige kantige
Unterschiff trotz Schaumsitz in Bezug auf zu flaches landen nicht
gerade ein Lendenwirbelschmeichler ist. Also Unterwasser und Fallhöhe
im Auge behalten.
Aber
auch beim „Melten“ (abtauchen nach einem Wasserfall oder einer
Kante) taucht der Director zügig und kontrolliert wieder auf ohne
das es ruckartig wird.
Mein
Fazit:
Die
Paarung von einem nahezu unzerstörbarem Material, einem simplen aber
genialen Cockpit, mit Volumen, Platz und vor allem rassigem
Fahreigenschaften ohne ruppig zu wirken macht den Director für mich
zum besten Wildwasserboot, dass ich je besessen habe.
Florian
Geldermann lebt bei Bielefeld und klebt seit seinem 12. Lebensjahr im
Boot. Sein erstes Schiff, ein Lettmann Olymp, brachte ihn auf Wasser.
Neben Slalomwettkämpfen in der Jugendzeit, reist er die letzten
Jahre viel zum Wildwasser paddeln durch Europa. Abendteuer,
unbekannte Flüsse, Freunde und die Passion für die Natür treiben
ihn in fremde Länder. Seine Pläne fürs kommende Jahr sind Marokko,
Albanien und bei Hochwasser die Flüsse im Schwarzwald.
Text:
Florian Geldermann/ Sandra Sebelin
Bilder:
Antonio Krämer, Lukas Schöllkopf, Sandra Sebelin