Dienstag, 25. Februar 2014

Testbericht ZET Director

Von Flo Geldermann




„Tuuut, tuuut! Mist keiner geht ran, langsam wird es knapp!“

Irgendwann im Spätherbst hatte ich gehört, dass ZET einen großen Bruder zu Veloc und Raptor raus bringen wollte. Wenig später hatte ich im Internet erste Computerentwürfe gesehen und mich direkt entschlossen mir die Schüssel blind zu bestellen.
Für mich war klar, 360 Liter Volumen auf 268cm und scharfe Kanten, dass hört sich endlich nach einem sportlichen Schiff für große und schwere Leute an. Seit 2 Jahren trauerte ich den Kanten meines Bliss Stick Mystic hinterher, aber leider war der mit meinem 1,95m und 105 kg absolut an der Grenze. Deshalb war ich als der Pure XL raus kam auf Prijon umgestiegen doch die Fahreigenschaften des Pure waren definitiv nicht mit denen des Mystic zu vergleichen.
Also warten aufs Christkind
Aber langsam wurde es knapp mit dem warten, immerhin wollten wir in zwei Wochen zu einer kleinen Expedition nach Albanien aufbrechen und da wollte ich das Boot auf jeden Fall mitnehmen...
„Sandra Sebelin Firma denk.com guten Tag“
„Ach, Hi Sandra, du bist es,sag mal, wann kommt denn jetzt endlich das große Boote von ZET?“
Es war bestimmt schon mein fünfter Anruf und langsam begann ich wohl zu nerven.
Sandra versicherte mir, dass die ersten ZET-Director diese Woche ankamen und mir sofort einer zugestellt werde.

Knapp eine Woche später rief mich mein Mitbewohner an: „ Hier liegt ein Riesenpaket für dich. Ich glaube es ist dein Boot!“ Ich nahm mir gleich auf der Arbeit frei und fuhr mit den neuen Boot nach Lippstadt um es auf den Slalomkanal auszuprobieren. Seitdem habe ich den Director 10 Wochen und somit 50-60 Paddeltage Wildwasser von Albanien übers Piemont bis nach Norwegen getestet und eine sehr positive Bilanz gezogen,
Als erstes fällt einem beim Director wohl das kantige Design und die gewaltige Größe ins Auge. Er ist das erste Wildwasser Boot, in welches ich mich hinein gesetzt habe und die Fußstützen noch um ein paar Positionen zu mir hin verstellen musste. Jedoch würde ich mir einen etwas kleineren Lochabstand wünschen, um etwas filigraner Einstellmöglichkeiten zu haben.
Die Fußstütze selbst besteht aus einem verdreh sicheren PE-Körper und ist mit Schaum gepolstert. Wahlweise sind auch Schaumblöcke als Fußstützen erhältlich.
Der zweite Blick dürfte auf die schlichte aber sehr funktionelle Sitzanlage fallen, die zwar erst etwas unergonomisch anmutet, jedoch sehr angenehm ist und guten Halt bietet. Die Schenkelstützen bestehen quasi nur aus Schaum, welcher unter dem weit reingezogenem Süllrand montiert ist. Sie bieten eine sehr direkte Kraftübertragung auf die Hüfte und dämpfen seitliche Schläge gegen die Knie hervorragend ab. Zudem ist der Director das erste Boot bei dem ich die Beine im festgeratschten Zustand gleichzeitig in die Mitte nehmen und wieder unter die Schenkelstützen bringen kann. Absolut durchdacht ist ebenfalls, dass die Ratschen des Rückengurtes einfach in den Schenkelstützen versenkt sind und das Ratschenband wieder im Süllrand verschwindet.
All dies ist wie die Kunstoffeinfassung der Schaumkeile aus einem Guss. Dazu verwendet ZET den Kunststoff den die anderen Hersteller aus der Sitzluke heraus schneiden. - Gratulation für die simplere so wie geniale Konstruktion.
Ebenfalls sehr gut gefällt mir die Rautenkonstruktion die das gesamte mittlere Unterschiff versteift und den komfortablen Schaumsitz aufnimmt. Dieser ist damit bestens mit der Bootshülle verbunden, dass er sich beim auf die Kante gehen um keinen Millimeter verschiebt, ganz im Gegenteil zu einigen anderen auf dem Markt befindlichen Ausführungen.


Zu den Fahreigenschaften:
Entgegen dessen, was man allein durch die gewaltige Größe des Director vermuten könnte befindet man sich in einem sehr wendigen Boot mit äußerst sportlichen Fahreigenschaften. Das Volumen von 360 Liter lässt einen über die meisten kleineren Schwierigkeiten einfach hinweggleiten. Die Länge gibt Zielstrebigkeit und Geschwindigkeit.
Am meisten Spaß macht es, wenn man die Kiste etwas auf Speed hält, denn dann beginnen die messerscharfen Kanten richtig Dynamik ins Spiel zu bringen. Egal ob man über die Zungen eines Katarakt runter schießt oder mit großer Geschwindigkeit ins Kehrwasser schneidet. Die Kanten geben einem das Gefühl von Kontrolle. Jedoch sollte man bei chaotischen Strömungsverhältnissen darauf achten seine Kante nicht in irgendeinen Kehrströmung einzuhacken, da sonst ein starker Steuerschlag oder gar ein Konter fällig wird.
Trotzdem kann nicht die Rede von einer Stolperkante oder Seitenwasseranfälligkeit sein.
Die seitlichen (Bordwände) sind hoch genug gezogen, dass das Seitenwasser nicht wie beim Pure von oben angreifen kann, trotzdem ist genug Platz für die Ellbogen.
Mit Schwung bombt die Schüssel auch durch größere Koffer ohne zum kerzeln zu neigen.
Mit etwas Übung lassen sich aber auch die etwas größeren Exemplare mit einem Lateboof hervorragend plattbügeln. Auch über längere Rückläufe brettert er mit Speed hinweg.


Allgemein zum Thema „boofen“- Das Thema aller Themen in allen Wildwasserberichten-
Der in so vielen Testberichten lauthals gepriesene“Autoboof“ ist beim Director wohl nicht verbaut. Was am lang gezogenen Unterschiff liegen dürfte. Es hat mich ein wenig Übung gekostet, bis ich mich wieder zu 100% auf jeden Boofschlag verlassen konnte. Und auch hierbei lag der Schlüssel in der Geschwindigkeit.
Man muss einfach nur leicht auf die Kante gehen und das lange Heck mit über die Abrisskante nehmen, bevor ein Abkippen einsetzt, so ist es auch mit Leichtigkeit möglich die Kiste zu überboofen. Dies sollte man sich jedoch genauer überlegen, da das riesige kantige Unterschiff trotz Schaumsitz in Bezug auf zu flaches landen nicht gerade ein Lendenwirbelschmeichler ist. Also Unterwasser und Fallhöhe im Auge behalten.
Aber auch beim „Melten“ (abtauchen nach einem Wasserfall oder einer Kante) taucht der Director zügig und kontrolliert wieder auf ohne das es ruckartig wird.


Mein Fazit:
Die Paarung von einem nahezu unzerstörbarem Material, einem simplen aber genialen Cockpit, mit Volumen, Platz und vor allem rassigem Fahreigenschaften ohne ruppig zu wirken macht den Director für mich zum besten Wildwasserboot, dass ich je besessen habe.







Zum Autor
Florian Geldermann lebt bei Bielefeld und klebt seit seinem 12. Lebensjahr im Boot. Sein erstes Schiff, ein Lettmann Olymp, brachte ihn auf Wasser. Neben Slalomwettkämpfen in der Jugendzeit, reist er die letzten Jahre viel zum Wildwasser paddeln durch Europa. Abendteuer, unbekannte Flüsse, Freunde und die Passion für die Natür treiben ihn in fremde Länder. Seine Pläne fürs kommende Jahr sind Marokko, Albanien und bei Hochwasser die Flüsse im Schwarzwald.

Text: Florian Geldermann/ Sandra Sebelin
Bilder: Antonio Krämer, Lukas Schöllkopf, Sandra Sebelin