Mittwoch, 20. Oktober 2021

Oetz Trophy 2021

 ein Rennbericht von Laura Hofberger

Adidas Sickline reloaded

Schon als es die Adidas Sickline noch gab wollte ich immer mal mitfahren. Leider lag das Rennen immer mitten in der Prüfungsphase (Nachklausuren – juhuu!). Als ich dann fertig mit dem Studium war, gab es den Wettbewerb leider nicht mehr.
Als bekannt wurde, dass das Rennen mit neuen Veranstaltern und neuem Namen wieder geben wird, war für mich klar, dass ich dieses Jahr mitfahren muss. Circa zwei Wochen nach der Anmeldung kam dann die Mitteilung, dass die Oetz Trophy die diesjährige Extremweltmeisterschaft werden wird. Eigentlich sollte die Weltmeisterschaft dieses Jahr in Voss an der Extremsport Veko stattfinden. Da aber aufgrund von Corona kaum jemand nach Norwegen einreisen konnte, wurde das Event auf die Oetz Trophy verlegt. Ich muss gestehen, dass ich nach dieser Nachricht kurz überlegt habe mich wieder von dem Rennen abzumelden. Ich hatte Lust auf ein entspanntes Rennen ohne Druck, bei dem man einfach alle Leute nochmal am Ende der Saison sieht. Aber zum Glück war Aufgeben noch nie meine Stärke.

Eine Woche nach dem Loferrodeo ging es an die Ötz zum Paddeln, Wellerbrücke allday everyday! Die Wasserstände waren leider nicht mehr so gut wie vor dem Loferrodeo, da hatten wir immer zwischen 1,90 und 2,00. Aber zum Glück kann man die Wellerbrücke auch noch bei niedrigeren Pegeln gut fahren. Wir hatten allerdings schon etwas Angst, dass der Pegel beim Rennen weit unter 1,80 sein würde. Man kann immer noch problemlos alles fahren, aber für mich persönlich macht es einfach bei mehr Wasser mehr Spaß. Am liebsten hätte ich fürs Rennen einen Pegel zwischen 1,90 und 2,00 gehabt. In der Woche direkt vor dem Rennen hat es dann am Dienstag brutal viel geregnet, so dass der Pegel auf 2,50 angestiegen ist. Jetzt war plötzlich bei allen Teilnehmern und auch den Veranstaltern natürlich die Angst da, dass das Rennen abgesagt werden muss wegen zu viel Wasser. Zum Glück war der Regen aber nach einem Tag wieder vorbei, so dass es am Freitag für die Qualifikation einen schönen Pegel von 1,88 und für das Finale am Samstag 185 hatte. Für die Jahreszeit und die Temperaturen hatten wir echt Glück mit dem Pegel. Nächstes Jahr wird die Oetz Trophy aber vermutlich schon im September stattfinden, da hier die Wasserstände stabiler sind.

Championskiller - Foto: Kristof Stursa

Rennen

FREITAG
Am Freitag, den 8.10 ging es los mit dem Racebriefing morgens um 9. Halt stopp, eigentlich hat der Tag um 7 Uhr mit der letzten Trainingseinheit begonnen. Noch mal kurz dreimal Minus One und Championskiller fahren um in den Flow zu kommen und sich auf den aktuellen Wasserstand einzustimmen. Ein weiter Vorteil dieser frühen Einheit:Danach ist man richtig schön wach und kann sich gemütlich mit einem Kaffee und seinem Frühstück ins Racebriefing setzen. Insgesamt haben bei der ersten Oetz Trophy 148 Männer und 28 Frauen teilgenommen.
Die Qualifikation startete um 11 mit den Herren, weswegen wir Mädels noch bis 14:00 auf unseren ersten Lauf warten mussten. Bei den ersten Läufen gab es leider ein paar technische Probleme bei der Zeitübertragung an die Anzeigetafel. Um die Qualifikationsläufe trotzdem wie geplant am Freitag durchziehen zu können wurde kurzerhand beschlossen, dass alle 148 Männer einen zweiten Qualifikationslauf bekommen. Ursprünglich war geplant, dass nur die 100 besten Männer die Chance erhalten sich in einem zweiten Qualifikationslauf noch einmal zu verbessern. Für uns Mädls hat sich nicht viel geändert, da wir alle planmäßig zwei Qualifikationsläufe absolvieren sollten. Um kurz nach zwei ging‘s dann endlich los. Durch die lange Wartezeit ist man schon etwas nervös geworden. Zum Glück war die Nervosität sofort mit dem ersten Paddelschlag wie weggeblasen und ich hab mich nur auf die Linie fokussiert: Tunnelmode on! Und ja das jetzt hat sich gezeigt, dass sich das frühe Aufstehen durchaus gelohnt hat: Sowohl Minus One als auch Championskiller richtig gut erwischt und danach ab in den linken Kanal und beißen. Hier hab ich auch direkt gemerkt, was ich für nächstes Jahr anders machen muss: Die Qualistrecke auch mal im Racemode fahren! Beim Training bin ich schon hin und wieder den Teil auf der Slalomstrecke gefahren, aber immer nur um die Linien zu verinnerlichen. Dabei hab ich mir jedesmal gedacht: Ach so lang ist die ja gar nicht, da beißt man kurz die Zähne zam, kein Problem. Wenn man die Strecke dann aber mal wirklich Vollgas fährt nimmt sie plötzlich kein Ende mehr! Aber gut, wieder was gelernt.
Zum Glück waren bis wir Mädls gestartet sind die technischen Probleme schon behoben, und ich wusste, dass ich mit einer Zeit von ca. 70 Sekunden mich schon ziemlich sicher für die Finalläufe am Samstag qualifiziert habe. Ich habe dann kurz überlegt, den zweiten Qualilauf einfach ganz entspannt angehen zu lassen. Aber erstens wird man von der Stimmung und den Zuschauern so gepushed, dass man einfach direkt im Racemode ist und zweitens war es auch ein gutes mentales Training. Meine Linie im zweiten Lauf war nicht ganz so schön wie im ersten, und die Zeit war auch minimal langsamer, aber ich war trotzdem happy mit mir.
Durch die technischen Probleme vom Beginn des Rennens wurde das Racebriefing für den Finaltag von Freitag Abend auf Samstag Morgen um 8 verschoben.

Quali - Fotos: Jakub Sedivy


SAMSTAG
Am Samstag früh ging es dann erstmals um 8 mit dem Briefing los. Dadurch, dass am Vortag nicht alles wie geplant gelaufen ist, wurden auch die Finalläuf für Samstag angepasst.
Ursprünglich war vorgesehen, dass die besten 50 Männer und die besten 15 Frauen am Samstag starten dürfen. Es hätten jeweils drei Finalläufe stattfinden sollen. Im ersten wäre es nach der Zeit gegangen. Hier wäre bei den Frauen dann von 15 auf 10 Starterinnen reduziert geworden. Der Zweite Lauf wäre ein Head-to-Head Lauf gewesen. Hier wäre die schnellste gegen die langsamste aus dem ersten Finallauf gestartet, die Gewinnerin wäre darauf hin ins Finale eingezogen. Der Finallauf wäre dann wieder ein Zeitlauf gewesen, bei dem die schnellste der fünf verbliebenen Damen gewonnen hätte. (Bei den Männer wäre es analog abgelaufen).
Um aber Fehler bei der Zeitübertragung zu vermeiden wurde der Head-to-Head Lauf bei den Damen und Herren gestrichen. Außerdem durften bei den Herren die besten 100 (statt 50) in das Halbfinale einziehen.
Nach den Renninformationen gab es dann endlich die Zeiten aus der Qualifikation. Natürlich war hier für einige die Enttäuschung groß, vor allem da ihnen durch das frühe Briefing die Loosers-Party genommen wurde. Für mich gab es aber erfreuliche Nachrichten, da sich die Vermutung vom Vortag bestätigt hat und ich tatsächlich die Qualifikation bei den Damen gewonnen hatte.
Nach dem Briefing gab's noch zwei schnelle Trainingslaps auf der Rennstrecke. Der Wasserstand hat sich im Vergleich zum Vortag zum Glück nur minimal verändert. Unsere Befürchtungen, dass wir beim Rennen zu wenig Wasser haben, hat sich also nicht bewahrheitet.
Um 11 ging das Rennen dann mit dem Halbfinale der Herren los. Die Startreihenfolge wurde durch die Zeiten in der Qualifikation festgelegt. Platz 100 aus der Qualifikation durfte also das Halbfinale eröffnen. Um ca. 14:00 war der letzte Lauf der Herren und dann ging endlich das Semifinale für die Damen los. Auch hier hat sich die Startreihenfolge an die Zeiten der Vorläufe gerichtet. Nachdem ich die Qualifikation ja gewonnen hatte, musste ich also als aller Letzte starten. Das lange Warten auf den Lauf hat der Nervosität nicht unbedingt gut getan. Da hab ich gemerkt, dass ich einfach noch zu wenig Rennerfahrung besitze. Zum Glück war es auch hier wieder so, dass der Druck und die Nervosität in den Hintergrund getreten sind, als ich von der Startrampe gerutscht bin. Mit meinem Halbfinal Lauf war ich ehrlich gesagt nicht so zufrieden. Die Linie durch den TNT war nicht optimal und nach dem Championskiller bin ich rechts um den Stein gefahren, was etwas langsamer ist als die linke Linie. Ich weiß noch, dass ich mir beim Paddeln über die Ziellinie nur gedacht hab: Bitte lass es für Top 5 gereicht haben, ich will nochmal zeigen, dass ich's drauf hab. Eine Minute später kam dann auch schon die Lena an und hat gemeint: Laura du hattest die schönste Linie von allen und warst glaub ich auch am schnellsten. Ich konnte das tatsächlich im ersten Moment nicht glauben, aber eine halbe Stunde nach dem Halbfinale waren dann die Ergebnisse da und tatsächlich: Ich hatte das Halbfinale gewonnen!
Das Finale startete dann um 16:00 mit den 30 schnellsten Herren. Für die Startreihenfolge wurden hier die Zeiten aus dem Semifinale herangezogen. Danach kamen wir Mädls erst wieder dran. An dieser Stelle möchte ich mich ganz herzlich bei allen bedanken, die mir die Wartezeit verkürzt haben mich abgelenkt, beruhigt und warmgehalten haben. Ohne euch wäre ich vermutlich durchgedreht.
Also wieder als Letzte auf die Startrampe, tief durchatmen, versuchen das Rennen auszublenden und sich einfach nur auf einen ganz normalen Wellerbrückenlap konzentrieren. Danke an dieser Stelle besonders an Michi Sommerauer, der mir nach dem Halbfinale ganau das eingebläut hat: Nicht versuchen Vollgas zu racen, einfach schön und zügig fahren. Genau das hab ich gemacht. Im TNT war ich etwas weit rechts, was aber ein sehr schönes Lineup für Minus One und Championskiller war. Nachdem Championskiller bin ich Richtung linken Kanal rausgeschossen und ich war schon überglücklich mit meiner Linie. Und dann kam nochmal eine Schrecksekunde: Ich bin mit meinem linken Paddelblatt an der Wand hängengeblieben und hab mein Paddel nur noch mit einer Hand gehabt. Zum Glück hab ich es geschafft es gleich wieder zu greifen und weiter zu paddeln. Und dann wird man eben doch belohnt, wenn man als letzter startet. Das lange Bangen bleibt einem erspart. Kurz nachdem ich über die Ziellinie gefahren bin hab, ich auch schon meine Zeit über die Lautsprecher gehört und erfahren, dass ich wirklich gewonnen habe.
Danach war gerade noch kurz Zeit sich von allen einmal beglückwünschen und umarmen zu lassen, ein schnelles Bier zu trinken und dann ging's auch schon mit der Siegerehrung los. An dieser Stelle auch nochmal herzlichen Glückwunsch an Maike Möst für den zweiten Platz und an Martina Wegmann für den dritten Platz! Für die Riesen-Kuhglocke habe ich bisher noch keinen geeigneten Platz gefunden. Angeblich ist es aber ja eh ein Wanderpokal, wobei mir bisher noch niemand persönlich gesagt hat, dass ich sie nächstes Jahr wieder abgeben muss :). Das wirklich Tolle war hier, dass es bei der Oetz Trophy für Männer und Frauen das gleiche Preisgeld gab. Vielen Dank an die Organisatoren des Rennens: Ihr habt einen super Job gemacht und ich werde mit Sicherheit nicht das letzte Mal mitgefahren sein!
Am Abend gab es dann noch das Athlete Dinner (das eigentlich auch schon am Freitag Abend hätte stattfinden sollen) für alle Finalisten im Ötzer Wirt. Im Anschluss wurde hier natürlich auch noch etwas gefeiert, natürlich unter Einhaltung sämtlicher Corona Regeln.

Siegerin - Foto: Katja Jemec
Siegererhrung - Foto: Katja Jemec
Foto: Katja Jemec
Zielsprint - Foto: Katja Jemec
Foto: Katja Jemec
Foto: Kristof Stursa
Foto: Milos Jakobi
Foto: David Seehausen


Hier gibt’s das Highlight Video:

Donnerstag, 23. September 2021

Die Ultratour Monte Rosa

 ein Rennbericht von Florian Probst

Nach Regen folgt Sonnenschein

Ein Ultratrail beginnt nicht erst an der Startlinie, sondern schon ein knappes Jahr zuvor. Die Komplexität eines solchen Unterfangens mit unterschiedlichsten Anforderungen wie langen Anstiegen, technischen Downhills, Nachtlauf, Ernährung und Schlafmangel machen das Training hierfür sehr, sehr abwechslungsreich.

Jeder Lauf, der in dieser Zeit absolviert wird, dient einem gewissen Zweck. Mal sind es Intervalle, die einen schneller machen sollen und mal sind es lange Läufe, die darauf abzielen, den Fettstoffwechsel effizienter zu machen. Bei Wind und Wetter klopft man so eine Einheit nach der anderen ab und versucht den Großteil des Trainings mit dem Arbeitsweg abzugelten. Da kann es schon mal sein, dass man einen hügligen Marathon in den Beinen hat, wenn man den ersten Patienten in der Praxis empfängt. Diese ganze Trainingsmethodik muss stets mit Familie und Arbeit abgestimmt werden, damit der Familienfrieden gewahrt und der Geldbeutel voll bleibt. Wenn wir am Wochenende eine Bergtour gemeinsam als Familie machen oder Skifahren gehen, stehe ich so gegen vier Uhr auf und laufe schon mal zum vereinbarten Wanderparkplatz. Die Strecke von Raisting nach Lenggries oder Oberammergau ist sicher kein Trail-Leckerbissen, aber erfüllt den Zweck, Familie und Training zu kombinieren. Und das muss ich gestehen, sind die schönsten Tage, an denen nichts zurückstecken muss.

In der Vorbereitung auf Ultratrails wie die Ultratour Monte Rosa, plane ich meist drei bis vier Vorbereitungsrennen, um Rennluft zu schnuppern und die Tempohärte und Distanz zu erhöhen. Dieses Jahr war es, neben dem Hochkönigman, der Kitz Alpine Trail über 160 km mit Start in Fieberbrunn. Eine landschaftlich und technisch einzigartige Strecke, auf die sich die Trailläufer von Nah und Fern begeben.

Ich war schon sehr gespannt am Start, was mich da in den Kitzbühler Alpen erwartet. Abends um 18 Uhr fiel der Startschuss und das Feld wurde auf die 160 Kilometer lange und mit über 10000 Höhenmetern gespickte Strecke entlassen. Normalerweise fällt die ganze Anspannung von mir ab, wenn ich mich nach dem Startschuss auf die Reise mache. Für Gewöhnlich laufe ich von Beginn an mein eigenes Rennen und sauge die Eindrücke bei Tag und Nacht in mich auf. Aber dieses mal war es anders, denn ich ließ mich, was das Tempo und die Platzierung angeht, stark von anderen Läufern beeinflussen. Bei einer Laufzeit von 28 Stunden zahlt sich dieser Fehler in der zweiten Hälfte des Rennens böse aus. Es ging über den Wildseeloder, einem hochgelegenen Gebirgssee und zahlreiche Anstiege zum Hausberg von Kitzbühel. Oben am Kitzbühler Horn fühlte ich mich wahnsinnig gehetzt und schon ziemlich angezählt. Die große Versorgungsstation in Kitzbühel sollte mir helfen, etwas besser ins Rennen zu finden und die bis dahin aufgebrauchten Akkus wieder aufzuladen. Aber soweit kam es nicht, denn ein Versorgungsfahrzeug eines anderen Läufers (das ist übrigens bei Rennen wie diesen verboten) stand genau vor dem Zuweg zur Labe-Station, welche ich dringenst herbeisehnte. Und so kam's, dass ich an dieser vorbeilief. Immer weiter und weiter in Richtung "Streif", dem nächsten Anstieg. Als ich diesen schon einige Meter hinauf gelaufen bin, wurde mir mein Fehler bewusst. Telefonisch gab ich dem Veranstalter bescheid und beschloss einfach weiter zu laufen. Bis zur nächsten Versorgungsstation hatte ich sämtliche Gels, Riegel und Getränke aufgebraucht und kam am Zahnfleisch dort an. Ich war komplett am Ende und konnte meine Reserven auch nicht mehr auffüllen. Den Weiterweg über entschloss ich mich aufzuhören, da ich keinen Schritt mehr laufen, sondern nur noch gehen konnte. Das nennt sich DNF und heißt: "did not finish", was für Läufer normalerweise eine Tragödie ist. Für mich war es an diesem Tag eine wahre Erlösung, da ich mich von der ersten Minute an nicht wohl fühlte. Das heißt es also, wenn man nicht sein eigenes Rennen läuft. Etwas abenteuerlich, per Anhalter mit einem gewaltigen Holzrückewagen, trat ich meine Heimreise zum Startort an.

Drei Wochen nach dem Kitz Alp Trail stand die Ultratour Monte Rosa an. Das Highlight für Trailrunner in der Schweiz führt durch den Kanton Wallis, umgeben von namhaften Viertausendern. Die Anreise mit dem Auto war bei 8° Celsius und Nebel etwas abenteuerlich. Daher beschloss ich am Furkapass, die Nacht im Auto zu verbringen, weil Sicht und Wetter nicht sehr einladend waren. Nach einer erholsamen Nacht folgte ein sonniger Morgen mit bester Sicht über den Weiterweg. Das ist doch ein positives Signal für die folgenden Tage. Angekommen in Grächen, dem Startort, folgte die Startnummernausgabe und Materialkontrolle. Dann gab es Nudeln, zubereitet am Gaskocher vor dem Auto. Der Abend vor dem Rennen fiel sehr kurz und spartanisch aus, denn der Wecker sollte um 2 Uhr 45 zum Angriff läuten. Zähneputzen, Sonnencreme auftragen, Kaffee trinken, Rucksack umschnallen und ab die Post zum Start;

Da stand ich nun mit zahllosen anderen Athleten, die es kaum erwarten können, in die Finsternis entlassen zu werden. Um vier Uhr fiel der Startschuss, der das Feld in Bewegung setzte und die lange Reise einläutete. Zu Beginn führt die Strecke über einen schmalen Trail in Richtung Zermatt, das aber noch ca. 55 Kilometer entfernt lag. Hier wartete die erste große Labestation mit eigenem Dropbag. Bis dahin galt es aber den Anstieg zur Europa-Hütte, technische Trails zur Täschalp und die luftige Hängebrücke hoch über Randa zu absolvieren. Die Geschwindigkeit zu Beginn war, wie gewöhnlich, extrem hoch. Ich wollte auf keinen Fall den gleichen Fehler wie drei Wochen zuvor begehen. Daher konzentrierte ich mich, mein eigenes Tempo zu laufen und die technisch schwierigen Passagen unfallfrei zu überstehen. Es fühlte sich zu Beginn äußerst langsam an, aber nach und nach stieg in mir wieder dieses Gefühl der Neugier und der Freude am Laufen auf. Als dann das erste Zwischenziel Zermatt erreicht war, fühlte ich mich überraschend gut und begab mich auf den Weiterweg, der im Schatten des Matterhorns aufwärts führte. Es ging auf gut 2800 Meter, bevor es über einen flowigen Trail wieder hinab nach Zermatt ging. Wieder hieß es, Flaschen und Gels auffüllen, ausreichend trinken und weiter in den nächsten Streckenabschnitt. Nach kürzeren Anstiegen folgte ein zwanzig Kilometer eher flacher Abschnitt nach Sankt Nikolaus. Wie sich im Nachhinein herausstellte, sollte hier das Rennen für viele Läufer zu Ende sein. Ich hatte mit der Hitze etwas zu kämpfen und verbrauchte meine gesamten mitgeführten Getränke bis zum Erreichen der Versorgungsstation. Dass der nun folgende Teil der Strecke wieder steil bergauf führte, wirkte daher eher positiv auf mein Gemüt, weils mir am meisten Spaß macht bergauf zu rackern.

Dabei konnte ich wieder etwas Zeit auf den vor mir laufenden Franzosen gut machen und wir liefen gemeinsam über Törbel weiter nach Visp. Bergab machte ich weiteren Boden gut und der Anstieg nach Visperterminen, dem nächsten großen Versorgungsort, konnte ich noch beim letzten Tageslicht zurücklegen. Der Canadier James lief hier auf mich auf und wir wechselten ein paar Worte bei einer unglaublich guten Minestrone. Es folgte die Nacht und der lange Anstieg zur Weismies-Hütte. Den Zustieg zur Hütte kannte ich noch von einer früheren Hochtour zum Weismies. Wenn der Blick mal übers Tal zur anderen Talseite abschweifte, konnte man die anderen Läufer, welche hinter einem lagen, erkennen. Wie eine Lichterkette markierten sie den bereits absolvierten Weg hoch über Visp. Wir beide mussten aber hoch zur Weismies-Hütte, wo die nächste Versorgungsstation auf uns wartete. Nach einem schier endlosen Anstieg kamen die Lichter der Hütte zum Greifen nah. Oben angekommen spürte man, welche Strapazen hinter einem lagen und das "Wieder-los-laufen" fiel schon etwas schwer. Aber einige Meter weiter waren wir beide wieder im rasanten Abstiegsmodus. Vorbei an Saas Almagel ging es nach Saas Fee, der letzten großen Labestation vor dem Ziel. 21 Kilometer und knapp 1700 Höhenmeter trennten uns von unserem Ziel- und Ausgangsort. Dieser Streckenabschnitt forderte neben einer gehörigen Portion Kraft auch ein hohes Maß an Koordination, denn der Weg schlängelte sich durch Blockfelder, Schuttreissen und teils seilversicherten Passagen. Es kostete viel Energie, nicht an Tempo zu verlieren. Aber im Hinterkopf konnte man sich schon auf die baldige Zielankunft freuen. Die Hannigalp markierte das Ende des technisch schwierigen Abschnitts und den Start des letzten Downhills hinab ins Ziel. Volles Ballett und doch etwas kontrolliert war die Devise.

Und dann war es so weit: das Ziel in Grächen war nach 29 Stunden und 31 Minuten als Drittplatzierter erreicht. Eine unglaubliche Reise mit vielen Hochs und wenigen Tiefs lag hinter mir. Zahllose beeindruckende Bilder, freundliche Helfer und schier unendliche Zufriedenheit machten sich in mir breit.

Für die Unterstützung möchte ich mich beim Team von DENK-OUTDOOR.DE bedanken und wünsche euch viele schöne Momente in den Bergen und beim Laufen!

Mit sportlichen Grüßen,
Euer Flo

Freitag, 10. September 2021

NRS Crux Drysuit - Trockenanzugtest

Ein Erfahrungsbericht von Niels Jung

Da sich der Sommer langsam dem Ende neigt und die kältere Jahreszeit schon vor der Tür steht, ist spätestens jetzt der ideale Zeitpunkt gekommen, über die Anschaffung eines (neuen) Trockenanzugs nachzudenken. Um nicht völlig unbeholfen in die Auswahl des neuen Sportutensils zu tappen, stellen wir hier einen Erfahrungsbericht des neuen NRS CRUX-Trockenanzugs vor. Im Vordergrund des Tests standen vor allem die Dichtheit und die Praxistauglichkeit im Wildwasseralltag. Dabei ist zu beachten, dass ein Trockenanzug sein volles Potential erst in Kombination mit einem geeigneten Unterzieher ausschöpft. Hierfür wurde stets der von NRS empfohlene NRS Expedition Fleeceanzug verwendet.

1. Design & Randdaten

Der NRS CRUX ist ein Trockenanzug des mittleren Preissegmentes (849 €), mit Fronteinstieg und Füßlingen. Er ist in zwei Farben erhältlich (rot „Salsa, blau „Poseidon“), was ihn mit nahezu jeder anderen Bekleidung kombinierbar macht. Es existiert sowohl eine Männer- als auch eine Frauenversion des Trockenanzugs, welche sich in erster Linie durch den „Reliefzipper“ unterscheiden, aber auch Unterschiede im jeweilig angepassten Schnitt aufweisen.

2. Dichtheit

Die Dichtheit eines Trockenanzugs wird maßgeblich durch das verwebte Material und die verwendeten Abschlüsse bestimmt. NRS setzt bei der Produktion des CRUX auf das seit Jahren bewährte 4 Lagen Eclipse Material, was durch seine Atmungsaktivität dafür sorgt, dass jegliche Feuchtigkeit innerhalb des Trockenanzugs entweichen kann. Durch die Verwendung von Füßlingen anstatt von Latexmanschetten als Beinabschluss wird absolute Dichtheit „von unten“ selbst bei längeren Sicherungsaktionen im Fluss garantiert. Dabei muss jedoch gesagt werden, dass der Umgang und die Pflege der Füßlinge eine entscheidende Rolle für die Dichtheit spielt und beim Umziehen immer eine Unterlage benutzt werden sollte. Außerdem ist es empfehlenswert stets Neoprensocken über die Füßlinge zu ziehen, um zu vermeiden, dass Sand und Kies in den Paddelschuhen nach und nach das Material von den Füßlingen reiben.
An Hals und Armen setzt NRS auf klassische Latexmanschetten, welche durch die zusätzliche Verwendung von Neoprenmanschetten geschützt werden. Wie lange die Dichtheit anhält, lässt sich durch die 6 Monate des Tests nicht sagen, da hierzu Langzeiterfahrungen noch fehlen. Nimmt man jedoch die restliche Produktpalette von NRS als Referenz, sollte die Dichtheit eine durchschnittliche Langlebigkeit haben, wobei diese auch maßgeblich von der individuellen Pflege abhängt.

3. Praxistauglichkeit im Wildwasser

3.1 Schnitt

Zuallererst möchte ich hier näher auf den Schnitt des Trockenanzugs eingehen. Der CRUX bietet ein hohes Maß an Bewegungsfreiheit und ist im Allgemeinen sehr angenehm zu tragen. Allerdings ist anzumerken, dass der Trockenanzug eher groß ausfällt, was es auf jeden Fall empfehlenswert macht, den Trockenanzug vor dem Kauf anzuprobieren.

3.2 Robustheit

Wie bereits erwähnt, wird für die Fertigung des Trockenanzugs das 4-Lagen Eclipse Material verwendet, welches sich durch eine sehr gute Robustheit auszeichnet. Egal ob es sich um eine Umtrage durch die korsische Macchia oder um das Herausseilen aus einem Canyon handelt, die zusätzliche Verstärkung im Knie und Ellenbogenbereich schützen den CRUX zusätzlich vor Verschleiß.

3.3 Ein- & Ausstieg

Im Gegensatz zu vielen anderen Herstellern setzt NRS auf einen diagonalen Frontreissverschluss zum Einsteigen. Dieser ermöglicht auf der einen Seite einen einfachen Ein- und Ausstieg ohne fremde Unterstützung, jedoch ist auf der anderen Seite die Länge des Reissverschlussss größer als bei traditionellen Eingängen auf der Rückseite des Trockenanzugs. Dies bietet dem Wasser mehr Möglichkeit in den Trockenanzug einzudringen, was aber durch den hochwertigen YKK Aquaseal Reissverschluss verhindert wird.

3.4 Zusätzliche Gadgets

Ein weiteres sehr nützliches Gadget ist der sogenannte „Relief Zipper“, welcher den größten Unterschied zwischen der Version für Männer und Frauen darstellt. Auch dieser ist mithilfe des YKK Aquaseal Reissverschluss gegen das Eindringen von Wasser geschützt. Erwähnenswert ist außerdem die verbaute Brusttasche, die die Mitnahme eines Mobiltelefons oder kleinerer Snacks ermöglicht.

Testfahrten mit dem NRS Crux

4. Fazit

Wer auf der Suche nach einem Trockenanzug im mittleren Preissegment ist, dem kann ich den NRS CRUX sehr empfehlen. Er sticht durch die Kombination eines durchdachten Systems mit qualitativ hochwertigen Materialien hervor. Wer jedoch sein Hauptaugenmerk auf extreme Langlebigkeit setzt und auch bereit ist, das doppelte des NRS CRUX für einen Trockenanzug zu bezahlen, dem ist der Trockenanzug von Kokatat ans Herz zu legen. Meiner Meinung nach ist der NRS CRUX Drysuit der Gewinner des mittleren Preissegments bei Trockenanzügen.

Hier geht´s zum Artikel: NRS Crux Drysuit

Donnerstag, 5. August 2021

Stubai-Ultratrail


ein Rennbericht von Florian Probst

67 Kilometer / 5356 Höhenmeter - Von Innsbruck über Umwege auf den Stubaier Gletscher


Zum vierten Male drückte ich den Button “Zahlungspflichtig anmelden” und konnte es ein halbes Jahr zuvor kaum erwarten. Viermal die gleiche Strecke laufen spricht nicht unbedingt für Lust auf Neues, aber es ist immer wieder reizvoll die Strecke von Innsbruck hinauf zur Jochdohle unter die Sohlen zu nehmen.

Start ist jedes Jahr um Punkt 24 Uhr in Innsbruck vor dem Landestheater. In diesem Jahr bekommen wir aber große Augen, als wir im Shuttle-Bus vor fuhren. Um den gesamten Startblock tummelten sich hunderte von Jugendliche, die ausgiebig die Corona-Lockerungen feierten. Die Stimmung war äußerst ausgelassen und die Läufer wurden lautstark bejubelt. Die Party war in vollem Gange, als der Startschuss fiel und wir in die Straßen zum Bergisel-Stadion entlassen wurden. Das Tempo war wieder mal brutal und auch beim vierten Start machte ich den selben Fehler wie die Male zuvor. Ich versuchte im vorderen Feld einen Platz zu finden, bevor es in die dunkle Sillschlucht ging. Die Hauptstadt des Berg- und Wintersports spuckt einen unterhalb der Skisprung-Schanze wahrhaftig in die Sillschlucht. Es folgt ein richtig geschmeidiger Trail oberhalb des reissenden Bachs. Enge Kurven, Wurzeln, Baumstämme und zahlreiche Brücken müssen bei flottem Tempo und flinken Schritten absolviert werden. Im Schein meiner LED Lenser Stirnlampe sieht man nur die paar Meter, die vor einem liegen und es bedarf äußerster Konzentration, nicht doch einmal vom Weg abzukommen.


Die erste Labe-Station wartet hinter der Stephansbrücke, die man auch mit dem Auto überquert, wenn man auf der Brenner-Bundesstraße gen Süden reist. Es folgt der Stollenweg nach Telfes, der ebenfalls nur im Schein der Hirabira abgespult wird. Ein kurzer Augenblick der Unachtsamkeit bei den engen Kurven führte dazu, dass ich mit dem Fuß umknickte. Da mir das schon des Öfteren passiert ist, versuchte ich weiterzulaufen und mich mit lautstarkem Gesang abzulenken. Da ich der letzte in der Gruppe war, fiel mein übler Gesang nicht sonderlich auf. Ich versuchte, trotz der Instabilität im Fuß, an der Gruppe dran zu bleiben, denn deren Tempo war wirklich schnell. Aber nach der nächsten Labe-Station musste ich die drei Jungs ziehen lassen, denn der Fuß zwickte doch etwas mehr beim Bergauf-Laufen.
Es folgte der Aufstieg zum Hohen Burgstall, der den ersten langen Anstieg des Rennens darstellte. Dabei führte die Strecke über die gut laufbaren Wege im Skigebiet Schlick 2000. Oben in den Felsen angekommen schlängelt sich der Weg hoch über dem Stubaital entlang des Hohen Burgstalls. Tief unten kann man die Lichter von Neustift im Stubaital erkennen, was mein nächstes Ziel der Reise war. Volle Konzentration fordert der Weg zur Starkenburger Hütte, sonst heißt es “Rumpel die Pumpel und weg war der Kumpel”! Nach der Hütte folgt der Downhill hinab ins Tal - immer noch bei Finsternis. Unten angekommen, wird erst einmal richtig Brotzeit gemacht. Riegel, Gel, Wassermelone und natürlich Flaschen auffüllen bis es wieder weitergeht.

Zehn Kilometer im Stubaital mit leichter Steigung liegen vor mir, bevor es auf der anderen Talseite erneut nach oben geht. Dieser Abschnitt wurde verändert, damit die Strecke nicht Jahr für Jahr dieselbe ist. Martin Hafenmair der Streckenchef lässt sich jedes Jahr aufs Neue kleine Varianten einfallen, damit auch die treuen Wiederholungstäter begeistert bleiben. Er ist mehrmals an der Strecke zu sehen, denn er will den Überblick über den gesamten Rennverlauf nicht aus den Augen verlieren. Mein nächstes Zwischenziel ist die Talstation Mutterbergalm, die das Ende des Stubaitals darstellt. Von hier geht es dann steiler weiter. Ich hatte im Stubaital einige Zeit und Plätze verloren und die wollte ich auf dem folgenden finalen Anstieg vorbei an der Dresdner Hütte wieder gut machen. Das funktionierte auch und ich konnte mit flottem Schritt den letzten Streckenabschnitt über Schnee in Angriff nehmen. Jawohl, und dann war es endlich so weit: als neunter konnte ich die Top-Ten halten und überquerte nach 9 Stunden und 54 Minuten die Ziellinie.


Der Stubai Ultratrail hat sich in den letzten Jahren zu einem Höhepunkt im Ultratrail-Kalender entwickelt. Die Strecke ist in dieser Klasse landschaftlich wirklich ein absolutes Highlight und daher unbedingt weiterzuempfehlen. Wer mit dem Trailrunning beginnt, oder eher zu den spritzigen Kurzdistanzlern gehört, kommt sicher bei den 8, 20 oder 32 Kilometern voll auf seine Kosten. Da das Ziel auf 3150 Metern Höhe liegt, fällt hier das körperlich belastende Bergablaufen viel geringer aus.

Also, falls jemand von euch überlegt, sich mit Startnummer ins Abenteuer Trailrunning zu stürzen, sollte sich genau hier anmelden. Vielen Dank an das Team von DENK-OUTDOOR.DE für eure Unterstützung!

Viele sportliche Grüße,
euer Florian

Mittwoch, 14. Juli 2021

Österreichische Meisterschaft im 24-Stunden Trailrunning

ein Rennbericht von Florian Probst

Hochkönig-Special Edition - Österreichische Meisterschaft im 24-Stunden Trailrunning


Coronabedingt war das Jahr 2020 mehr als eine Herausforderung für alle. Sportveranstaltungen standen so gut wie keine mehr im Kalender und auch sonst war die Stimmung eher gedämpft unter den Läufern. 2021 sollte sich das aber wieder ändern - so wünschte es sich zumindest jeder von uns. Aber die Inzidenz-Werte sanken nur langsam. Was zur Folge hatte, dass es im Frühjahr 2021 erneut zahllose Stornierungen von Laufveranstaltungen hagelte. Wieder mussten sich Läufer und Veranstalter mit Terminverschiebungen abfinden.

Ein wirklich zäher Knochen was Ausdauersport und Wettkampf-Organisation angeht konterte mit eisernem Willen dieser Welle der Stornierungen. Thomas Bosnjak setzte alle Hebel in Bewegung, um in Maria Alm jedem willigen Ultratrail-Läufer das Laktat in die Oberschenkel zu pumpen. Den ursprünglichen Hochkönigman musste Thomas verschieben. Was aber nicht hieß, dass der Saisonstart weniger anstrengend ausfallen sollte. Um die Vorgaben der Regierung einzuhalten, entschloss er sich ein 3-, 6-, 12- und 24-Stundenrennen im Rahmen der Österreichischen Meisterschaft auf die Beine zu stellen. Die Runde, die es dabei zu absolvieren galt, führte auf den Hausberg von Maria Alm - den Natrun. Dabei galt es 440 Höhenmeter und 6,5 Kilometer so oft als möglich abzuspulen. Start und Ziel waren an der Talstation der Natrunbahn, wo sich die Läufer ausgiebig stärken konnten und die Zeitnahme statt fand.

Der Startschuss fiel um 12 Uhr mittags bei strahlendem Sonnenschein und die Horde Verrückter machte sich bestens gelaunt auf den Weg zum Gipfel. Dabei führte der Weg über wurzelige Trails, steile Skipisten und im Slalom durch grasende Kühe. Am Gipfel wartete ein großer, klarer Stausee, der einem die Möglichkeit bot, sich während des Rennens abzukühlen. Die Teilnehmer, Helfer und auch der Veranstalter waren bestens gelaunt, denn es hieß wieder Startnummer umschnallen und losballern. Man spürte es ganz intensiv, was es für jeden Läufer bedeutete sich mit Gleichgesinnten zu messen, denn ein jeder feuerte seine Mitstreiter an und motivierte einander.


Das Rennen nahm seinen Lauf und es zeichnete sich unter den 24h - Läufern eine kleine Gruppe ab, die die Führung übernahm. Ich versuchte in dieser Gruppe mein Tempo zu finden und ließ es ruhig angehen. Bergauf konnte ich dabei ganz gut mithalten und die Umrundung vom See nach den ersten 440 Höhenmetern fühlte sich noch ganz ordentlich an - das sollte sich aber noch gewaltig ändern ;-) Der Abstieg führte Großteils der Aufstiegsroute und so hatte man einen guten Überblick, wie sich die anderen Athleten schlugen. Im Downhill musste ich, wie gewohnt als schlechter Bergabläufer, den ein oder anderen ziehen lassen. So verging Runde für Runde und man lernte immer mehr mit der Strecke umzugehen, um in steilen Anstiegen nicht zu viele Körner zu verschießen. Ein echtes Highlight bei der aufkommenden Monotonie war jedes mal der Zieldurchlauf. Hier warteten die Helfer mit motivierenden Worten, isotonischen Getränken und fester Nahrung.

Als sich die Nacht ankündigte, hieß es “Hirabira” aufsetzen und immer weiter, immer weiter,... Über den Leoganger Steinbergen deutete ein imposantes Wetterleuchten an, was uns demnächst bevorstehen sollte. So hieß es in der ersten Nacht, von Blitz zu Donner zählen und durch drei teilen. Die vorüberziehende Gewitterzelle streifte uns zum Glück nur und das Rennen konnte unbeeindruckt weitergehen. Vorsicht war geboten, denn die Wurzeln und Steine waren vorübergehend glitschig und nass.
Moralisch am schwierigsten fiel mir die Zeit so gegen drei Uhr früh. Nass vom Regen und etwas fröstelnd war es jedes mal schwer, sich im Start-Ziel-Bereich erneut auf die Strecke zu begeben. Ich wusste zu dieser Zeit, dass ich meine Verfolger einmal überrundet hatte. Also wäre es möglich gewesen, sich mal etwas auszuruhen. Aber ich wollte dieses Rennen so gut als möglich als Vorbereitung für kommende Rennen nutzen. Daher gab es keine größeren Pausen und ich konnte meinen Vorsprung auf die Verfolger weiter ausbauen. Nach dem Motivationstief kam mit dem Sonnenaufgang wieder die Lust am Laufen, was jetzt nicht mehr allzu geschmeidig aussah. Bergab fühlte es sich eher an, als würde man einen Klappstuhl den Berg runter werfen. Einer der Helfer, der mir mit Zurufen in den letzten Stunden immer wieder aus der Motivationspatsche half, informierte mich, dass ich die 9000 Höhenmeter-Marke knacken könnte. Das hörte sich doch nach einem Ziel an, dachte ich und versuchte nochmal etwas auf die Tube zu drücken. Nach gut 20 Stunden hört sich das spritziger an, als es in Wirklichkeit war.

 

Aber nach gut 23 Stunden war es soweit und ich hatte mit 9240 Höhenmetern und 136 Kilometern mein Ziel erreicht. Der erste Platz war die Belohnung für die 21 mal rauf und runter laufen. Österreichischer Meister im 24-Stunden Trailrunning wurde ich leider nicht, weil ich kein ÖSTERREICHER bin ;-)

Vielen Dank an das Team von denk-outdoor.de für deren Unterstützung. Die Stirnlampe von Ledlenser und die Regenjacke von Dynafit GTX Shakedry waren Gold wert.

Mit sportlichen Grüßen
euer Flo

Montag, 14. Juni 2021

Spade Kayaks Bliss - Kajaktest

 ein Erfahrungsbericht von Felix Klee mit Bilder von Susann Pietsch

Wir schreiben das Jahr 2021. Nach der goldenen Ära des Kajak Freestyles in den 2000ern zeichnete sich die Entwicklung der Bootdesigns durch immer längere, breitere und hochvolumigere Schiffe aus.
Auch ich wurde von diesem Trend infiziert. Insbesondere Boote mit ausgeprägte Rockerformen (z.B. von Pyranha oder Waka) machen richtig Laune. Die Beschleunigung über Verschneidungszonen, einfaches Boofen und das „stay on top“-Verhalten machen süchtig.
Vor ein paar Jahren ging der Trend wieder zurück zu sogenannten Semi-Creekern. Boote mit zum Teil ausgeprägten Rockerformen und flachem Heck versprechen noch mehr Spass im Bach. Natürlich sprang ich auf diesen Trend auf, wurde jedoch von den Designs enttäuscht. Entweder hatten die Boote für meinen Geschmack zu wenig Kante, waren zu voluminös im Heck (kein Tailee oder Unterschneiden für mich möglich) oder hatten einfach zu wenig Rocker, sodass der „skipping“-Effekt weniger vorhanden ist.
Nachdem Spade Kayaks letztes Jahr zwei neue Semi-Creeker bzw. Riverrunner angekündigte, wurde mein Interesse an diesen Booten neu geweckt. Schon die CAD-Zeichnung des Bliss versprach vieles. Ausreichend Rocker, Kante und nicht zu viel Volumen im Heck. Perfekt also für meine 70 kg. Des Weiteren ist Spade Kayaks für seine ausgezeichnete Sitzergonomie bekannt.
Frohnleichnahm 2021: Endlich ist es soweit. Spade Kayaks liefert die ersten Modelle aus. In Kombination mit den gesellschaftlichen Lockerungen ein wahres Geschenk. Wir machten uns auf, von Freiburg nach Plattling. David kommt auf einen Sprung vorbei. Es wird gepaddelt, gegrillt und plötzlich zaubert David den neuen Bliss aus seinem Auto. denk outdoor ist so freundlich, mir einen der ersten Exemplare zur Verfügung zu stellen. Vielen, vielen Dank nochmals an dieser Stelle!!! Die Belegung der Isarwelle ist enorm, Surfer habe auch Gefallen an der Paddlerseite gefunden. Mir wird es im Kehrwasser zu voll und ich tausche die Boote, vom Helixir zum Bliss. In Flussmitte wartet eine grüne Welle für die erste Surfsession.

 
 
Ich bin begeistert, der Bliss surft sehr schnell, die Kanten reagieren sensibel. Im Vergleich zu den aktuellen Playboats macht mir Meilensurfen mit sidecuts wieder Spaß. Ich verbringe ca. 2 h im Boot, völlig gestoked.
Weiter geht es am nächsten Tag zu den Bregidays. Der Bliss wird in entspanntem WW 2-3 getestet. Paddler richten viele Blicke am Einstieg auf diese heisse Semmel. Es wird gefachsimpelt, ob der Goat ähnlich gut funktioniert. Meiner Meinung nach hat dieses Boot für meine Gewichtsklasse und meinen primären Einsatzbereich (WW 2-4) zu viel Volumen, um das vollständige Potential auszuschöpfen.
 
Waka Goat vs. Spade Bliss


Nun zurück zum Bach …
Der Bliss lässt sich super boofen und taucht auch bei einem Landewinkel von ca. 45 ° sehr schnell auf.
Durch seinen Rocker bleibt der Bliss auch beim Beschleunigen über Verschneidungslinien sehr schnell, das Boot bleibt meist on top und man fühlt, dass noch Luft nach oben ist.


Der Bliss lässt sich sehr gut Kanten und ins Kehrwasser manövrieren. Er regiert sensibel auf Gewichtsverlagerungen durch den Oberkörper und möchte dadurch aktiv gepaddelt werden. Das „geringere“ Volumen am Vorderschiff lässt das Paddel sehr gut führen, steile Paddelschläge sind möglich. Solch ein Feedback ist durch die immer fetteren Kahne verloren gegangen. Das Boot macht richtig Laune.
Löst man den Rückengurt ein wenig, wird der Bliss zum Unterschneidekönig. Richtig die Verschneidungslinie angefahren, geht die Spitze easy in die Höhe, das Boot bleibt stabil und 360‘s sind keine Seltenheit.


Wir fahren so gut wie jedes Kehrwasser an, surfen jede noch so kleine Welle und sind am Ausstieg bei Müselbach völlig erschöpft. So macht auch einfaches Wildwasserfahren Spaß!!!


Zum Outfitting lässt sich sagen, dass Spade Kayaks hier auch keine Mühen gescheut hat. Die Seilklemmen funktionieren einwandfrei, lösen sich beim Paddeln nicht und die Position des Rückengurts lässt sich dadurch fast schon zu „feinfühlig“ verstellen. Sehr gut gelöst.


Die Breite der Hüftfittings lässt sich einfach über mitgelieferte Polster und sehr schnell mittels eines Schnallensystems anpassen. Hier muss nicht aufwendig rumgefädelt werden. Die Fittings bleiben auch beim Paddeln an ihrer Stelle.


Die Breite der Hüftfittings lässt sich einfach über mitgelieferte Polster und sehr schnell mittels eines Schnallensystems anpassen. Hier muss nicht aufwendig rumgefädelt werden. Die Fittings bleiben auch beim Paddeln an ihrer Stelle.

Einziger negativer Punkt des Bliss ist eine nicht 100 % abschließend Fußstütze Richtung Oberschiff. Hier sollte je nach Körpergröße eine zusätzliche Schaumplatte montiert werden.

Fazit:
Der Bliss ist ein Riverrunner, der alle positiven Bootstrends der letzten Jahre „verkörpert“. Mit dem Boot kann die Paddeltechnik verfeinert werden oder der Spaß an leichterem Wildwasser neu entdeckt werden. Auf wuchtigem Wildwasser ist hier noch viel Luft nach oben (Zambezi?).
+ Schnell
- Fußstützenhöhe (Winkel ist top)
+ Booft sehr gut (Rocker)
+ Unterschneiden Easy
+ agil
+ super Sitzposition und Einbauten
+ leicht
+ Kante
- Fußstützenhöhe (Winkel ist top)

Daumen hoch

Dienstag, 18. Mai 2021

Schwimmweste im Test - NRS Ninja PFD

Die Schwimmweste sollte fester Bestandteil der Sicherheitsausrüstung beim Wildwasserpaddeln sein. Einige der Wildwasserwesten sind auch für andere Sparten des Paddelsports geeignet und auch dort nicht mehr wegzudenken. Schließlich kann uns eine Schwimmweste im Notfall das Leben retten. Grund genug, beim Auswahl der eigenen Schwimmweste etwas genauer hinzuschauen.
Nachdem mir letzten Sommer die Vorteile einer leichteren Schwimmweste im Wildwasser bewusst wurden, wollte ich verschiedene Modelle für mich austesten. Mein letzter Test, die NRS Ninja, ist inzwischen die Wildwasserweste meiner Wahl für leichtere Flüsse sowie auch für schwereres, offenes Wildwasser und Wuchtwasser. Für Mehrtagestrips, Expeditionen, Schluchten und Klammen bevorzuge ich eine vollwertige Wildwasserweste mit durchgenähten Schultergurten, Brustgurt und mehreren Taschen für Snacks und eine umfangreiche Sicherheitsausrüstung. Aber fangen wir von vorne an.




Unboxing & der erste Eindruck
Das Design der Ninja PFD von NRS lässt sich ganz einfach beschreiben: clean, simpel und funktionell. Noch dazu hat man die Wahl zwischen drei hellen, stylischen Farben. Damit lässt sich so ziemlich jedes Paddel-Outfit mit einer der Ninjas kombinieren - aber zurück zum Wesentlichen. Der Einstieg in die Schwimmweste fällt durch die seitliche Öffnung kinderleicht. Mit zwei großen Steckschnallen ist die Ninja mit einem Minimum an Handgriffen fertig angelegt, ohne sich dabei unangenehm zur Seite hin verdrehen zu müssen. Die Schultergurte sind gepolstert und auffällig lange, wodurch sich das Frontpanel ziemlich niedrig, etwa auf Bauch- bzw. untere Brusthöhe tragen lässt. Über die vier seitlichen Gurte und die beiden Schultergurte lässt sich die Weste sehr gut regulieren. Die besonders weichen Schaumkörper passen sich angenehm an den Oberkörper an. Die PVC-freien Schaumkörper ähneln der Form eines Dreiecks und lassen eine hohe Bewegungsfreiheit im Bereich der Schultern vermuten. Mit 73 Newton bietet die Ninja einen überdurchschnittlich hohen Auftriebswert. Die Fronttasche ist in sich unterteilt und an der Außenseite kann ein NRS Kajakmesser befestigt werden. In den beiden großen, seitlichen Einschüben lassen sich die Hände bequem einstecken. Schon nach dem ersten Eindruck scheint sich die Ninja PFD sehr angenehm zu Tragen, doch dazu mehr im Test weiter unten.




Testbericht NRS Ninja PFD
Für den Produkttest habe ich die Ninja Weste auf meinem letzten, zweiwöchigem Roadtrip auf den unterschiedlichsten Flüssen getragen. Hauptsächlich bin ich in dieser Zeit Roadside bzw. sehr gut zugängliche Bäche im dritten und vierten Schwierigkeitsgrad gepaddelt, die ich selbst schon sehr gut kannte. Wie bereits vermutet, bietet die Ninja Weste eine extrem gute Bewegungsfreiheit und absolut hohen Tragekomfort. Grund dafür sind die äußerst anpassungsfähigen, dreiecksförmigen Schaumkörper sowie die langen Schultergurte und den damit einhergehenden niedrigen Sitz der Schwimmweste am Vorderkörper. Trotz hohem Komfort sitzt die Schwimmweste beim Paddeln ohne zu Verrutschen und macht einen sicheren Eindruck. Auch das An- und Ablegen fällt super bequem und einfach aus, auch in voller Paddelmontur. Die Brusttasche bot mir genug Platz für die wichtigsten Mitbringsel wie Karabiner, 2 Bandschlingen, Seilrolle, Sonnencreme und 1-2 Müsliriegel oder mein Mobiltelefon. 

Testfahrt mit der NRS Ninja PFD


Fazit
Wenn du dir eine Wildwasser Schwimmweste für River Running oder Playboating kaufen willst, kann ich dir die Ninja von NRS absolut empfehlen. Durch den hohen Bewegungsspielraum fühlt man sich freier und uneingeschränkter als mit dick auftragenden Sicherheitswesten. Vor allem spielerisches Befahren von Wildwasser und Bewegungsabläufe wie z.B. das Unterschneiden fühlt sich mit einer leichten Schwimmweste wie der Ninja einfacher und unbeschwerter an. Grundsätzlich bevorzuge ich die Ninja meiner Astral Greenjacket gegenüber immer dann, wenn ich mir sicher bin, dass ich auf dem jeweiligen Fluss die umfangreichen Sicherheitsmerkmale eine vollwertigen Wildwasserweste nicht benötigen werde und ich nicht an meinem Limit paddle. Natürlich ist eine Sicherheitsweste mit Brustgurt, durchgenähten Schultergurten und Anseilpunkt in einigen Situationen sicherer. Wann man welche Schwimmweste wählt, muss jeder Paddler für sich wissen. 

+ einfaches An- und Ausziehen
+ maximaler (Trage-)Komfort
+ guter Sitz, verrutscht nicht
+ vergleichsweise hoher Auftriebswert
- wenig Sicherheitsmerkmale

Hier geht´s zum Artikel: NRS Ninja PFD

  • Zertifizierung CE EN 393
  • Auftriebswert 73 N
  • seitlicher Einstieg
  • AirMesh auf der Innenseite und unter den Schultergurten
  • designed für maximale Bewegungsfreiheit
  • UVP 129,95 €